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Sportpsychologe der TSG Hoffenheim im Interview

DHfPG-Dozent und Sportpsychologe der TSG Hoffenheim, Prof. Dr. Jan Mayer, verrät, wie Leistungssportler mit der aktuellen Situation umgehen.

 

 Prof. Dr. Jan Mayer als Speaker auf dem Aufstiegskongress 2018

Prof. Dr. Jan Mayer als Speaker auf dem Aufstiegskongress 2018

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Die Spieler der TSG Hoffenheim trainieren seit einer Woche wieder im Trainingszentrum – in kleinen Gruppen und über den Tag verteilt. Eine für die Leistungssportler immernoch ungewohnte Situation: "Den Sportlern fehlen die sozialen Kontakte, die in einer Mannschaft sehr intensiv sein können."

Die Berufsfußballer seien allerdings privilegiert, da sie Verträge mit festen Laufzeiten haben. Bei Spielern aus der 2. oder 3. Liga sieht die Lage hingegen anders aus – vielen Vereinen droht sogar die Insolvenz. Dazu kommt die Unsicherheit um die eigene körperliche Leistungsfähigkeit vieler Sportler. Fitnessstudios und Trainingszentren sind geschlossen, "wer kein Home-Fitnessstudio hat, kann in Sachen Fitness an seine Grenzen stoßen."

"Ein gut ausgeprägtes Selbstvertrauen ist das beste Gegenmittel in einer Zeit, die von vielen Ungewissheiten geprägt ist"

Es gibt jedoch verschiedene Bewältigungsstrategien, um mit den Sorgen, die durch die Coronakrise entstehen, fertig zu werden: z. B. neue Ziele setzen, auch unabhängig vom Sport, oder Pläne entwerfen.

Mannschaftssportler könnten gemeinsam per Videokonferenz trainieren, dass die Gemeinschaft nicht auf der Strecke bleibt, so Jan Mayer. "So kann nicht nur der Trainer die Aufrechterhaltung der Leistungsfähigkeit überwachen, sondern auch das Team sich austauschen."

Auch das mentale Training gewinnt aktuell noch mehr an Bedeutung, denn dadurch werde einerseits die psychisch belastende Situation erleichtert und andererseits der Trainingsverlust minimiert. Um den Trainingsausfall in Verletzungspausen zu überbrücken, wird das mentale Training im Leistungssport schon länger als Trainingstool eingesetzt.

"Die derzeitige Lage ist somit nichts anderes als eine Zwangspause, somit lässt sich das mentale Training einer Rehabilitationsphase auf die derzeitige Situation gut übertragen"

Prof. Dr. Jan Mayer rät dazu, die aktuelle Lage zu nutzen, um über alles nachzudenken: "Wo stehe ich jetzt und wo möchte ich hin? Was ist meine Haltung zu bestimmten Dingen? Gibt es noch andere Ziele, die ich erreichen möchte und wie erreiche ich diese? Was machen erfolgreichere Athleten anders und wie kann ich mich selbst noch verbessern? Welche kleinen Dinge wollen auch gesehen und beachtet werden, für die sonst nie Zeit ist? Diese positive Sichtweise soll nicht die Ernsthaftigkeit der Krise schmälern, sondern Vertrauen und Hoffnung schenken, dass es auch eine Zeit nach der Corona-Krise gibt und durchaus die Möglichkeit besteht, gestärkt daraus hervorzugehen.

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Prof. Dr. Jan Mayer

Der Sportpsychologe hat in den letzten 15 Jahren mehrere Nationalmannschaften betreut, unter anderem Ski-Alpin, Handball, Eishockey, Skisprung und Boxen. Er koordiniert für den Deutschen Olympischen Sportbund die sportpsychologische Betreuung in den Spitzenverbänden und unterstützt mehrere Mannschaften im Profisport.

Er ist Referent und Coach bei national und international tätigen Unternehmen, unterrichtet als Dozent an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement in Saarbrücken und ist Gastprofessor am Sportwissenschaftlichen Institut der Universität des Saarlandes.