DHfPG News

Greenwashing oder doch besser "Sportwashing"?

Aufgrund des Klimawandels und dessen Folgen steigt das Verantwortungsbewusstsein der Menschen für ihre Umwelt und damit auch der Wunsch nach einem nachhaltigeren Leben. Damit verbunden wächst die Nachfrage nach fair produzierten Produkten, verantwortungsbewussten Handlungsweisen sowie klimaneutralen Veranstaltungen und Events.

 

Thema Nachhaltigkeit

„Nachhaltigkeit“, „unternehmerische Nachhaltigkeit“ oder „nachhaltiges Wirtschaften“ sind von Unternehmen, vor allem im Bereich Marketing, oft verwendete Formulierungen mit großem Interpretationsspielraum. Auf diese Weise wollen Sie potenziellen Kunden und der Öffentlichkeit eine gewisse Verantwortung für Natur, Umwelt und Gesellschaft suggerieren, obwohl dies nicht immer der Realität entspricht. Häufig verbirgt sich dahinter sogar ein sogenanntes „Greenwashing“, also eine Marketingstrategie, mit der sich Unternehmen ökologischer darstellen, als sie es in Wirklichkeit sind. Dabei versuchen sie sich selbst, durch gezielte Kommunikationsmaßnahmen oder Desinformationen, ein „grünes Image“ zu verleihen, ohne entsprechende Maßnahmen im operativen Geschäft systematisch verankert zu haben.

Was sind Gründe für Greenwashing?

Für ökologisch fair hergestellte Produkte oder Dienstleistungen sind Konsumenten häufig bereit, mehr Geld auszugeben. Neben der damit einhergehenden Umsatzmaximierung zielen Unternehmen auf die Gewinnung von Neukunden ab und machen sich dabei die hohe Nachfrage nach nachhaltigen Produkten und Dienstleistungen zunutze. Zudem ist es deutlich günstiger, in „grüne“ Marketingkampagnen zu investieren, statt wirklich umweltfreundlich zu produzieren. Für Kunden ist es am Ende häufig schwierig, die Produktions- und Lieferketten nachzuvollziehen, da diese nur von wenigen Unternehmen transparent dargelegt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Doch nur mithilfe einer solchen Offenlegung wäre es möglich, die Einhaltung von Umweltstandards und ethischen Werten zu garantieren.
Ein weiteres großes Problem: Begriffe wie „umweltfreundlich“, „regional“, „nachhaltig“ oder „natürlich“ sind rechtlich nicht geschützt und können ohne Einschränkungen verwendet werden.

Greenwashing in der Sportbranche

Fälle von Greenwashing zeigen sich in fast allen Branchen. Auch der Sport gibt sich gerne einen grünen Anstrich – verständlich, denn nachhaltiges Handeln kommt bei Kooperationspartnern, Fans und Kunden gut an. Viel mehr wird sogar erwartet, dass sich Sportorganisationen für Nachhaltigkeit einsetzen. Sei es für Umweltschutz, Menschenrechte oder soziale Gerechtigkeit. Dies gilt für die Erbringung von Dienstleistungen, wie beispielsweise die Veranstaltung von Sportevents genauso wie für Merchandising-Produkte oder die Herstellung von Sportartikeln. Vertrauen in das nachhaltige Handeln eines Unternehmens oder Vereins kann ein maßgeblicher Grund zur Entscheidung für eine Sponsoring-Kooperation sein, beziehungsweise für einen Fan, an einer Sportveranstaltung teilzunehmen oder Sport- und Fanartikel zu kaufen. Dadurch hat das Thema Nachhaltigkeit auch in der Sportbranche einen hohen Stellenwert eingenommen.
Doch die Realität sieht auch hier häufig anders aus: Während einige Sportunternehmen und Vereine bereits in Sachen Nachhaltigkeit oder ökologisch-fairen Produktionsbedingungen vorangehen, tun sich andere noch schwer – oder sehen sich sogar mit Greenwashing-Vorwürfen konfrontiert.

Sportwashing

„Sportwashing“ fand erstmals in einem Beitrag des Spiegels Verwendung. Dabei wurde der Begriff als einen Versuch, „das eigene Ansehen mithilfe des positiven Images des Sports aufzuwerten“, definiert. Das bedeutet, ähnlich dem Greenwashing, sollen sich die Aufmerksamkeit, Zustimmung und Begeisterung für Sportevents auf den entsprechenden Ausrichter übertragen.

Einer der bekanntesten Sportwashing-Vorfälle ereignete sich bereits vor der Fußball-WM im Jahr 2022. Dabei hatte, die nicht zum ersten Mal in der Kritik stehende FIFA, die Weltmeisterschaft in Katar als „vollständig klimaneutrales Turnier“ beworben. Diese mutmaßlich irreführende Werbung zog unterer anderem Klagen von Schweizer Umweltschützern und Deutschlands Verbraucherschützern mit sich. Auch das Europäische Parlament hatte in Zuge dessen ein Ende des Sportwashings gefordert und der FIFA zudem Menschenrechtsverletzungen sowie Korruption bei der Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft vorgeworfen. Die FIFA wies alle Vorwürfe wiederholt zurück.

Auch die Formel 1 will immer grüner werden. Mit ihrer „Net Zero 2030“-Kampagne hat sie sich selbst das Ziel gesetzt, bis 2030 vollständig klimaneutral zu sein. Greenpeace und sogar der viermalige Formel 1 Weltmeister Sebastian Vettel zweifeln an solchen Aussagen und Versprechen. Sie kritisieren vor allem die Logistik und Reisen im Zuge der Renn-Events, die bei der Rechnung nicht immer vollumfänglich berücksichtigt werden. Vor allem die Anreise der Verantwortlichen und Fans sowie der Transport der tonnenschweren Ausrüstung rund um die ganze Welt machen den größten Anteil der CO₂-Emissionen aus, nicht etwa der Antrieb der Fahrzeuge.

Viele weitere Verbände wie beispielsweise der internationale Ski-Verband stehen in der Kritik, falsche Angaben bezüglich ihrer CO₂-Bilanz gemacht zu haben und die Olympischen Winterspiele in China 2022 waren nachweislich alles andere als „die nachhaltigsten Olympischen Spiele aller Zeiten“.

Neben Sportevents haben auch andere Teilnehmer der Sportindustrie „Green Marketing“ für sich entdeckt. So hat beispielsweise der französische Sportartikelhersteller Decathlon 2017 ein neues Label mit dem Namen „Eco-Design“ ins Leben gerufen. Das Label soll für nachhaltigere Produkte und Herstellungsprozesse stehen. Dabei soll unter anderem bei der Produktion entsprechender Sportartikel, recycelter Polyester aus alten PET-Flaschen verwendet werden. Eine Analyse des TÜV Süd ergab allerdings, dass in drei von zehn untersuchten Artikeln mit Eco-Design-Label, in den mindesten 60 Prozent recycelter Polyester enthalten sein soll, keinerlei Spuren von PET-Flaschen nachgewiesen werden konnten. In einer Stellungnahme betont Decathlon, dass PET-Flaschen der Hauptbestandteil des recycelten Polyesters seien, ein Teil des Stoffes allerdings auch aus recycelten Industrieabfällen gewonnen werde. Auch die niederländische Verbraucherschutzbehörde wirft Decathlon in diesem Zusammenhang Greenwashing vor.

Neben Decathlon wirbt auch Adidas mit recyceltem PET und betonte 2022, dass neben den Trikots der deutschen Fußballnationalmannschaft, auch der offizielle Ball der Fußballweltmeisterschaft in Katar zu 20 Prozent aus recyceltem PET hergestellt seien. Auf Ihrer Webseite wirbt Adidas zudem mit dem Slogan „End Plastic Waste“. Recherchen haben im Nachhinein allerdings ergeben, dass die entsprechenden Angaben lediglich für den offiziellen Spielball gelten, der für rund 150 Euro zu erwerben ist. Eine gerechtfertigte Marketingkampagne oder auch ein Fall von Greenwashing oder besser Sportwashing?

Summa summarum

Nicht immer muss es sich beim sogenannten Green- oder Sportwashing um gezielte und bewusst manipulierende Marketingstrategien handeln. In vielen Fällen kann dies auch unbewusst als Folge einer unachtsamen und leichtfertigen Kommunikationsmaßnahme entstehen. Zudem gibt es im Bereich Profi- und Breitensport unzählige positive und beispielhafte Cases, die in diesem Artikel nicht aufgeführt wurden: Zu nennen seien hier beispielsweise der Handballverein Rhein-Neckar Löwen, der eine Initiative ins Leben gerufen hat, bei der in Kooperation mit zwei Sportartikelherstellern, aus Teilen von Trikots vorheriger Saisons, neue Fanartikel hergestellt werden oder der 1. FC Nürnberg, der sich seit Jahren bei der Nürnberger Tafel für soziale Nachhaltigkeitsprojekte engagiert.

Dennoch zeigen die vorherigen Negativ-Beispiele, wie Greenwashing nachhaltig dem Image des Sports schaden kann. Daher sollte jeder Verein und Verband, jedes Unternehmen und jeder Teilnehmer der Sportbranche seine Werbe- und Kommunikationskampagnen zum Thema Nachhaltigkeit nicht unbedacht oder fahrlässig, geschweige denn bewusst manipulativ senden, sondern in jedem Fall rechtlich nachhaltig absichern.

Tiefere Einblicke in die Sportbranche bekommen Sie im Bachelorstudiengang Sportökonomie der DHfPG. Vor allem im Modul Sportanlagen- und Sportstättenmanagement lernen Sie weitere interessante Themen rund um das Thema Nachhaltigkeit kennen.

 

Quellen:

Brügmann, C. & Fein, A. (2022). Grüne Sport-Mode im Trend. Falsches Spiel mit der Nachhaltigkeit. Zugriff am 11.12.2023. Verfügbar unter https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/sport-mode-sportartikel-nachhaltigkeit-recycling-greenwashing-100.html

DER SPIEGEL (2022). Kritik an Greenwashing im Sport. Zugriff am 11.12.2023. Verfügbar unter https://www.spiegel.de/sport/olympia/greenwashing-im-sport-die-unnachhaltigsten-olympischen-spiele-aller-zeiten-a-187c4772-eb26-4943-95c2-f3ad12b9488d

Grimm, A. & Malschinger, A. (2021). Green Marketing 4.0. Ein Marketing-Guide für Green Davids und Greening Goliaths. Wiesbaden: Springer Gabler.

Platschke, K. (2020). Nachhaltigkeit als Marken-Purpose. Mit der Relevanzmethode zu mehr Verantwortung im Marketing. Wiesbaden: Springer Gabler.

Platschke, K. (2022). Das Anti-Greenwashing-Buch. Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung für ehrliche Nachhaltigkeit im Unternehmen (2. Auflage). Wiesbaden: Springer Gabler.

SPOBIS GmbH (2022). Nachhaltigkeit: Drei Erfolg versprechende Cases aus dem Profisport. Zugriff am 11.12.2023. Verfügbar unter https://spobis.com/article/nachhaltigkeit-cases-report

SPOBIS GmbH (2022). Nachhaltigkeit, Greenwashing und Werbung im Sport. Zugriff am 11.12.2023. Verfügbar unter https://spobis.com/article/nachhaltigkeit-greenwashing-und-werbung-im-sport

Süddeutsche Zeitung (2022). „Greenwashing“: Verfahren in Schweiz gegen FIFA. Zugriff am 11.12.2023. Verfügbar unter https://www.sueddeutsche.de/sport/fussball-greenwashing-verfahren-in-schweiz-gegen-fifa-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-221225-99-15592

Süddeutsche Zeitung (2022). Verbraucherschützer mahnen FIFA wegen „Greenwashing“ ab. Zugriff am 11.12.2023. Verfügbar unter https://www.sueddeutsche.de/sport/fussball-verbraucherschuetzer-mahnen-fifa-wegen-greenwashing-ab-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-221118-99-566114

WDR. (2023). Klimaschutz in der Formel 1 – „Nicht mehr als Greenwashing“. Zugriff am 11-12-2023. Verfügbar unter https://www.sportschau.de/newsticker/dpa-klimaschutz-in-der-formel-1-nicht-mehr-als-greenwashing-100.html

ZEIT ONLINE (2023). Greenpeace wirft Ski-Weltverband Greenwashing vor. Zugriff am 11.12.2023. Verfügbar unter https://www.zeit.de/sport/2023-05/greenpeace-greenwashing-internationaler-skiverband-fis