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Studieren zwischen Weltmeisterschaft und Olympia 2016

Sie ist derzeit Deutschlands schnellste Schwimmerin, deutsche Meisterin 2015 über die 100 m und 200 m Freistil. Den bisher größten Erfolg ihrer Karriere feierte Annika Bruhn (22) allerdings bei der Weltmeisterschaft in diesem August im russischen Kasan, als Sie mit der deutschen 4 x 100 m Lagen Mixed-Staffel als Schlussschwimmerin die Bronze-Medaille sicherte. Doch auch wenn das Schwimmen ein großer Bestandteil ihres Lebens ist, so kümmert sich die Weltklasse-Athletin auch um die Karriere nach der Karriere. Sie studiert den dualen Studiengang „Bachelor of Arts“ Sportökonomie an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG).

 

Annika Bruhn

Die 22-jährige Annika Bruhn

Die Schwimmerin beim Training

Das Fernstudium mit kompakten Präsenzphasen in Verbindung mit einer betrieblichen Ausbildung ist perfekt auf die Schwimmerin zugeschnitten

Katzensprung zwischen Ausbildungsbetrieb, Trainingsstätte und Hochschule

Vor gut einem Jahr verschlug es die gebürtige Schwäbin Annika Bruhn in das Saarland. „Mein Trainer am Olympia-Stützpunkt in Stuttgart hat aufgehört und es schien unklar, ob und wann ein Nachfolger kommen wird. Ich kannte den Olympiastützpunkt Rheinland-Pfalz/Saarland in Saarbrücken schon von einigen Trainingslagern und wusste um die guten Bedingungen, die ich an diesem Standort vorfinde“, fasst sie zusammen. Am Gelände des Olympiastützpunktes (OSP) befinden sich außerdem der Landessportverband für das Saarland (LSVS) sowie die Zentrale und zugleich eines der zwölf Studienzentren der DHfPG in direkter Nachbarschaft. Der Landessportverband, in Person des damaligen Präsidenten, Gerd Meyer, bot ihr den Studienplatz an der DHfPG in Verbindung mit dem LSVS als Ausbildungsbetrieb an. Ein Angebot, dass die Schwäbin, die zuvor bereits zwei Semester der Sportwissenschaften in Stuttgart studiert hatte, nicht ablehnen konnte. „Mir war schon länger klar, dass Schwimmen nicht alles ist und ich davon auch nicht leben kann. Studieren und nebenbei Geld verdienen war ein ausschlaggebendes Kriterium, warum ich mich dafür entschieden habe.“ Zusätzlich wohnt die 22-Jährige auf dem Trainingsgelände des OSP in einem Appartement, im sogenannten „Haus der Athleten“. Vom Schwimmsport alleine zu leben ist für die Spitzensportlerin, die seit einem Jahr unter Landestrainer Hannes Vitense trainiert und für die SSG Saar Max Ritter an den Start geht, in ihrer Sportart nicht einfach. Ausnahmen gibt es nur einige wenige, wie Paul Biedermann und Britta Steffen, welche Promi-Status erreicht haben, oder eine Franziska van Almsick in der Vergangenheit. „Das geht vielleicht als Olympiasiegerin, Weltmeisterin oder mit den entsprechenden Werbeverträgen“, ist sich Bruhn bewusst.

 

Studiensystem mit kompakten Präsenzphasen liegt der Leistungssportlerin

Das Hochschulstudium in Stuttgart kam ihr zeitlich nicht entgegen. „Im Winter war es ok, da habe ich nicht viele Wettkämpfe bestritten und hatte genug Zeit, um regelmäßig die Vorlesungen zu besuchen und für die Klausuren zu lernen. Aber im Sommer war es dafür sehr problematisch. Ich fand das Studium der Sportwissenschaften zwar stellenweise interessant, aber es war mir am Ende zu theoretisch“, erinnert sie sich. Das Studiensystem der DHfPG, bestehend aus einem Fernstudium mit kompakten Präsenzphasen in Verbindung mit einer betrieblichen Ausbildung ist viel besser auf die Schwimmerin zugeschnitten. Immerhin stehen für sie neben den Trainingseinheiten an die 20 Wettkämpfe pro Jahr auf dem Kalender. „Ich habe auch kurz überlegt an der Universität des Saarlandes einfach weiter zu studieren, mich aber dann doch für das duale Studium entschieden. Hier kann ich gleichzeitig erste Berufserfahrung sammeln und weiß eher, was nach der Sportlerkarriere auf mich zukommt“, führt sie aus. Beim Landessportverband, dem Dachverband für das Saarland, ist sie im Bereich der Talentförderung eingesetzt. Dabei kann sie an Projekten zwischen dem Sportverband und seinen Partnerschulen mitarbeiten und bekommt einen Einblick in die Talentsichtung.

Der Studiengang „Bachelor of Arts“ Sportökonomie passt gut auf ihre Ausbildungsstelle, weshalb sie sich letztendlich für ihn entschieden hat. „Der „Bachelor of Arts“ Gesundheitsmanagement hat mich auch gereizt, aber am Ende hat Sportökonomie einfach etwas besser gepasst.“

 

Durchstrukturierter Tagesplan, Olympia im Fokus

Neben dem Arbeiten im Ausbildungsbetrieb und dem Fernstudium mit kompakten Präsenzphasen an der Hochschule steht für die 22-jährige zweimal am Tag Schwimmtraining auf dem Programm. Morgens und am Nachmittag trainiert sie hart für ihr großes Ziel: Olympia 2016 in Rio de Janeiro. „Ich trainiere insgesamt zehnmal pro Woche im Wasser und eine Stunde pro Tag zusätzlich im Trockenen.“ Dabei hat sie 2007 erst mit dem Leistungssport begonnen, im Alter von knapp 15 Jahren. „Da war eine Franziska van Almsick bereits Weltmeisterin. Aber gerade da ich so spät angefangen habe, sehe ich noch viel Potenzial mich zu verbessern. Ich war zwar schon 2012 in London bei Olympia dabei, aber nur mit der 4 x 200 m Freistil-Staffel. Ein Einzelstartplatz wäre natürlich ein Traum.“ Das war schon ein großes Erlebnis für die dual Studierende, auch wenn am Ende „nur“ Platz 13 heraus sprang. Ihr großes Potenzial sieht auch die ortsansässige Sportstiftung Saar, welche die Athletin ebenfalls unterstützt. Bruhn feierte im Jahr 2015 ihre größten Erfolge, den größten sicherlich mit dem Gewinn der Bronzemedaille bei der WM, und ist augenscheinlich in der Form ihres Lebens. Um einen Einzelstartplatz in Rio zu erreichen, müsste sie bei den Deutschen Meisterschaften im kommenden Jahr mindestens den zweiten Platz in ihren Paradedisziplinen über 100 m und 200 m Freistil erreichen. Außerdem muss sie die für olympische Norm festgelegte Zeit unterbieten, was für die amtierende zweifache Deutsche Meisterin die größere Herausforderung darstellen dürfte. „Mit der Staffel haben wir unseren Startplatz durch die Bronzemedaille schon gesichert.“

 

Übergang in die Berufskarriere schon nach Rio?

Interessen hat sie schon einige, konkrete Berufswünsche momentan noch nicht. „Ich interessiere mich sehr für die Gesundheits- und Präventionsbranche. Ich glaube, sie wird in Zukunft immer wichtiger, da immer mehr Menschen durch Beruf und Stress mit körperlichen Problemen zu tun haben.“ Gerade der Körper des Menschen ist ein Gebiet, für den sich die Studierende ebenfalls interessiert. „Darum hat mir das Modul „Medizinische Grundlagen“ auch so gut gefallen.“ Zeit zum Lernen nimmt sich die Leistungssportlerin vor allem am Wochenende. „Es ist so praktisch alle Unterlagen zu Semesterbeginn zugesendet zu bekommen. Es ist alles schon da, ich kann mich am Wochenende voll auf das Lernen konzentrieren und muss mir nichts organisieren.“ Ob sie nach den Olympischen Spielen weiter auf professionellem Niveau schwimmen will, lässt sie noch offen. Bei den Spielen 2020 wäre sie schon 27, was im Schwimmen schon ein stolzes Alter ist. So könnte die Berufskarriere für die 1,80 m große Athletin früher ein Thema werden, als es momentan den Anschein hat. Umso besser, dass sie schon jetzt Berufserfahrung sammelt und an ihrem Bachelor-Abschluss arbeitet, um sich danach hoch qualifiziert auf dem Arbeitsmarkt einen Platz zu sichern. Doch bis es soweit ist, steht für Annika Bruhn nur eines im Fokus: Olympia 2016.